Resolve | order & chaos

Pleasurable Troublemaker by Robin Neuhaus
Supervised bachelor thesis by Matthias Laschke & Marc Hassenzahl | 2016

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German/english

Dinge verschwinden in einer Schublade obwohl man sie gar nicht mehr benötigt. Menschen besitzen spezielle Schubladen, Kartons und andere Orte um Dinge, die eigentlich nicht aufbewahrt werden müssten zu sammeln. Konzertkarten, Kleinkram von den Kindern, alte Geburtstagskarten und all die kleinen Dinge, die keinen speziellen Platz haben wie beispielsweise Bücher, die überwiegend in Bücherregalen stehen. Diese Orte nennen viele Menschen auch „Nester“. Und obwohl die Dinge in diesen Nestern keine wirkliche Funktion mehr haben, werden sie dennoch aufbewahrt, weil niemand so richtig weiß, ob man sie behalten oder wegwerfen soll. Häufig behält man den Kleinkram, da man sich nicht sofort entscheiden kann. Die Nester werden eine Art Parkplatz. Leider füllen sich diese Parkplätze immer weiter und spätestens vor dem nächsten Umzug oder einem akuten Anfall von Ordnungswahn steht die Entscheidung wieder an. Der Grund für dieses Dilemma ist die emotionale Bindung zu dem Kleinkram, der vielleicht doch nicht so klein ist sondern ein Souvenir eines positiven Erlebnisses. Nimmt man beispielsweise die kleinen Geschenke der eigenen Kinder – wer würde schon das Papierfaltboot seines Sohnes sofort wegwerfen. Anstatt es wegzuwerfen stellt man es auf der Fensterbank oder der Arbeitsplatte aus um es danach in einer Schublade (da ist es wieder, das Nest) aufzuheben. 

Genau hier setzte Robin Neuhaus mit seiner Arbeit an. Robin beobachtete und befragte verschiedene Personen in ihrem Umgang mit ihrem Kleinkram. Warum häuft er sich an, wie wird man ihn wieder los und was behält man dann doch lieber etwas länger? Er sammelte verschiedene Praktiken und Strategien im Umgang mit Nestern. Diese übersetzte er in die Gestaltung verschiedener Objekte. Im Verlauf der Arbeit entschied sich Robin ein einzelnes Objekt zu gestalten, das den gesamten Prozess des Bewahrens und der Trennung moderiert.

Das Schränkchen besteht aus zwei Seiten. Die linke Seite, geteilt durch den vertikalen Steg in der Mitte, beschäftigt sich mit der Aufbewahrung und der Konfrontation mit Dingen. Die rechte Seite mit dem Bewahren und der Trennung. Die linke Seite besteht aus einer Schublade, in der Dinge aufbewahrten werden können. Einem Nest. Auch auf der Oberseite des Schranks können Dinge abgelegt und angesammelt werden. Um schnell ein wenig Ordnung zu schaffen, können alle Dinge mit einem Handgriff über eine kleine Öffnung in die Schublade geschoben werden. Die Schublade selbst lässt sich aber auch öffnen und bietet Platz für den genannten Krimskrams. Doch sie ist keine gewöhnliche Schublade. Öffnet man sie zu schnell und unachtsam, fallen die angesammelten Dinge, insbesondere solche die schon weit hinten liegen, über eine kleine Rutsche auf den Boden. Die Qual der Wahl liegt einem nun vor den Füßen. Schnell wieder in die Schublade zurück und darauf hoffen, dass der Krimskrams lange drin bleibt oder doch zur rechten Seite des Schrank wechseln und eine Entscheidung treffen. Entscheidet man sich für die rechte Seite, findet man dort zunächst einen Mülleimer. Dieser ist so konstruiert, dass man Dinge nur rein werfen aber nicht mehr rausholen kann. Nur durch das Wühlen in der Mülltüte, ein absichtlich überspitztes Bild, kann man retten, was eigentlich schon nicht mehr zu retten sein sollte. Neben dem Müll findet sich aber auch eine kleine Ausstellungsfläche. Für alle flachen Dinge, wie Post- oder Konzertkarten, gibt es ein Set aus Stift, Schablone und Schere für die Anfertigung eines Mosaiks. Dreidimensionales findet unter einer Glaskuppel Platz. Diese Überspitzung einer Ausstellung ist sicherlich zunächst befremdlich. Doch wird sie der emotionalen Bindung durchaus gerecht. Anstelle des ewigen Aufbewahrens in dunklen Schubladen und verstauten Schalen. Und wem das alles zu viel ist, der wirft den Kram dann doch weg. Oder doch nicht?